im Erdgeschoss-Westflügel des PROGR Bern (Raum 009) an der Speichergasse 4, 3011 Flyer zur Ausstellung Progr_Morgentau_1b Bern
Rotkäppchen und das Seelenkrokodil
Die Ausstellung ist jeweils von Mittwoch bis Freitag 17 bis 20 Uhr und Samstag con 16 bis 18 Uhr geöffnet.
Louisa Johanna Morgentau
Kind aus dem Dorf, geboren 1962 im Zeichen der Waage, ein braves Kind, Mutters Lieblingskind, still und zurückgezogen, dabei drei Schwestern im Schatten und im Hintergrund ein abwesender Vater, als Lastwagenfahrer unterwegs. 1978 sein Tod, Trauer aufgeschoben, ich war zu jung für sein Sterben. Rettung Schule. Sie war mein Flucht- und Lieblingsort, das Wissen die bevorzugte Nahrung. Als Klassenbeste war ich unbeliebt. Mutter schickte mich ins katholische Internat, auf den Spuren der älteren Schwester, Primarlehrerin würde ich werden. Enge, Gehorsam, Gebet und Revolte. Mein Freud hat sich erschossen. Dann Flucht aus dem Luzerner Hinterland in die Grossstadt. In Zürich ein Kunstgeschichtsstudium begonnen, dabei auch Philosophie studiert, an Hegels Phänomenologie des Geistes gescheitert. 1985 der erste Zusammenbruch, eine Welt stürzt ein, ich sinke ins Bodenlose mit der Diagnose Schizophrenie. Gähnende Leere. Einsamkeit, Warten, zähes, langes Warten, dass sich etwas bewegt, innerlich und/oder äusserlich bewegt. Aus der Ergotherapie heraus ist dann geboren die kreative Hand. Die Möglichkeit, mich auszudrücken in Farben und Formen, auf Papier, mit Objektmaterial. Und 1987 hat uns das Schicksal zusammengeführt, einen Freund gefunden, ein Künstlerpaar geworden. Reise um die Welt, Reisen nach Afrika und Indien. Ich habe das Sammeln für mich entdeckt, bevorzugt das Sammeln von Spielzeug. Meiner kindlichen Seele kommt das entgegen. Kindheit im Aufwind. Das ungestillte Kind. Eine heile Welt kann ich damit beschwören, auch wenn immer mal wieder der Schrecken einbricht, auch wenn mich immer mal wieder kurze und lange psychotische Episoden beschweren. Himmelsleiter, Höllensturz, Amore ed Anarchia, Klinikaufenthalte, Medikamente bis zum Umfallen. Aber die Kunst ist von Dauer, weil stärker als jede Krankheit, sie bleibend mein Trost, sie hält mich am Leben.